Der Klassiker an sich - das Röhrenaudion


Röhrenaudion

  ... und es funktioniert tatsächlich ...


Nun, ich nehme an, Sie haben soeben den Beitrag zur Vorgeschichte meines NF-Verstärkers gelesen. Dann brauche ich das nicht nochmals zu wiederholen. Das hier gezeigte Röhrenaudion hat einige Besonderheiten. Die Audionstufe wird an einer stabilisierten Gleichspannung von 150 V betrieben. Den Glimmstabilisator hatte ich noch aus alten Zeiten im Bestand und einige Doppeldioden EAA91 langweilten sich auch noch neben den magischen Augen EM84 in meinen Vorratskisten. Irgendetwas mußte man damit doch anfangen können?

So entstand die Idee eines Röhrenaudions mit folgender Aufteilung der Funktionen:

- Empfangsbereiche umschaltbar mit Tastensatz LW/MW/KW
- Audionstufe mit EF80 in ECO-Schaltung
- NF-Verstärker für Kopfhörerbetrieb, 2-stufig mit ECC83
- Audion-Anodenspannung auf 150 V mit einem Glimmstabilisator StR150/30 stabilisiert
- Gleichrichtung der demodulierten NF-Spannung mit der Doppeldiode EAA91 in Spannungsverdopplerschaltung
- Anzeige der Höhe dieser Gleichspannung mit einer EM84
- Bereitstellung der Anodenspannung durch eine Gleichrichterröhre EZ80

Das Chassis besteht aus einer 2 mm dicken Montageplatte aus Aluminiumblech mit den Abmessungen 200 x 300 mm und 4 an den Seiten angeschraubten Aluminiumwinkeln L 50 x 10. Diese L-Winkel gibt es als Profil im Baumarkt in Stücken zu 1 m Länge. Rein zufällig ergibt dieser Meter je zwei Winkel mit 200 mm und 300 mm Länge, passend zur Montageplatte. Zur Bearbeitung hatte ich eine Handbohrmaschine, eine Flachfeile und eine Hand-Laubsäge mit feingezahnten Metallsägeblättern zur Verfügung.

Bildbezeichnung
Real Radios
glow in the Dark.
Schaltbild
20 Minuten skizziert,
20 Stunden montiert.


Die Inbetriebnahme stellte sich unerwartet als knifflige Angelegenheit heraus. Beim Audion in ECO-Schaltung fließt ein Gleichstrom von der Anode durch die Röhre, über die Kathode und die Anzapfung der Schwingkreisspule nach Masse. Das ist alles kein Problem, so lange man dort ordenliche Lötstellen vorfindet. Nun hatte ich aber diesen Tastenschalter zur Bereichsumschaltung bereits im Chassis eingebaut und wollte auch nicht darauf verzichten. Bei jeder Betätigung des Tastenschalters krachte es ganz unerträglich laut in den Kopfhörern, wurde doch jedesmal der Kathodenstrom jäh unterbrochen. Der nachgeschaltete NF-Verstärker tat, was er tun sollte, und verstärkte diese Schwankungen nach besten Kräften. Einen nachgeschalteten "Krachtöter" in Form von 2 dem Kopfhörer antiparallel geschaltete Halbleiterdioden, wollte ich dem Gerätchen dann doch nicht antun. So nahm ich den Schiebeschalter an einem Abend auseinander und besah mir einmal die Kontaktflächen. Schwarz wie die Nacht in Ruß-Chemnitz waren die - ein Zeichen inniger Verbindung der ehemaligen Silberbeschichtung mit dem Schwefel der Umgebungsluft zu Silbersulfid Ag2S. Bereits beim Löten an den Kontaktfahnen des Schalters mußte ich mit einem Glashaarpinsel vorarbeiten, denn die Lötfahnen waren genauso finster anzuschaun und mußten erst mechanisch mit diesem Pinsel brutal bis auf das Messing des Kontaktkörpers abgeschliffen werden.
Houston - wir haben ein Problem! Die außen liegenden Kontaktflächen an den Kontaktschiebern mit dem feinsten Schleifpapier bis aufs Messing blank zu schleifen ging ja noch, aber wie sollte man in die Schächte zur Aufnahme der Kontaktschieber gelangen? Des Problems Lösung brachte die Tageszeitung, die gerade auf dem Tisch lag. Sie hatte ein etwas billiges und mattes Papier, welches in passende Streifen geschnitten und in langer Schleife um die ausgebauten Kontaktschieber gelegt, ein prima Schleifmittel darstellte. Beim gefühlvollen Bewegen der Kontaktschieber im Schacht wischte das zwischengelegte Papier genau mit maximalem Andruck über die Kontaktfläche und reinigte diese vorzüglich. Abschließend noch einen leichten Film Pulmotin (ja genau, die Einreibung gegen Husten aus der Apotheke) auf die (nun) Messingkontakte und der Schiebeschalter konnte wieder zusammengebaut werden. Nach dem Einbau des Schalters ins Chassis zeigte sich der Erfolg, denn das Krachen war fast vollständig verschwunden und war nun nur noch ein sanftes Rauschen. Hoffentlich hält dieser Zustand lange an.

Die Emfangsergebnisse des Audions gemessen am Materialaufwand schätze ich als gut ein. SSB und Telegrafiestationen im 40 m-Band sind tagsüber an einer Zimmerantenne bestehend aus 4 m Draht gut zu hören. Der Einstellbereich der Rückkopplung konnte mit dem Spannungsteiler des Potentiometers für die Schirmgitterspannung in einen angenehmen Einstellbereich gelegt werden. Die Entdämfung des Schwingkreises durch Regelung der Schirmgitterspannung ist beim ECO-Audion bekannt für ihren sehr geringen Frequenzversatz, was sich auch hier bestätigte. Trotz des guten Höreindruckes bevorzuge ich für den Kurzwellenempfang den Empfänger des Transceivers, denn der braucht keinen Rückkopplungsregler.