Eine einfache Widerstandsdekade
Umweltschutz pur - die Wiederverwendung
alter Widerstandsdekaden
Wie oft haben Sie sich schon geärgert, wenn beim Experimentieren mit elektronischen Schaltungen der gerade
benötigte Widerstandswert nicht bei der Hand war und erst mühsam aus Einzelwiderständen zusammengelötet werden mußte oder
sogar eines dieser wackligen Trimmpotentiometer mit Drähten versehen und dann in die Schaltung eingelötet
wurde? Mit meinen Widerstands-Dekaden kann ich Widerstände im Wert von 0 Ohm bis 9,999999 MOhm in Schritten von 1 Ohm
bequem realisieren. Schnell einzustellen und präzise abzulesen - das hatte ich mir schon immer gewünscht.
Widerstandsdekaden wurden früher oft in Automatisierungsanlagen zur Einstellung von Prozessparametern verwendet.
Nun haben Tastatur und Bildschirm diese Funktion übernommen und die alten Anlagen werden ausgemustert.
Auf Flohmärkten tauchen immer wieder einmal Widerstandsdekaden guter Qualität der Hersteller SHERRY oder
CONTRAVES zu freundlichen Preisen auf. Die sollte man sich nicht entgehen lassen. Erkennbar sind diese an den bereits
auf der Leiterplatte aufgelöteten Widerständen (4, 5 oder 9 Stück).
Man findet meist eine von drei unterschiedlichen Codierungen, die sich jedoch für unsere Zwecke alle gut verwenden lassen:
BCD-Dekaden: enthalten nur 4 Widerstände im Werteverhältnis 1-2-4-8. Damit werden durch geschickte
Codierung die Werte 0-1-2-3-4-5-6-7-8-9 eingestellt.
Zum Beispiel wird der Wert 7 durch die Reihenschaltung der Werte 1 und 2 und 4 gebildet, der nicht benötigte Wert 8 wird
durch einen Schaltkontakt überbrückt und somit zu 0.
Kluge Sache das, nicht wahr ?
1-2-2-2-2 Dekaden: mit insgesamt 5 Widerständen im Verhältnis 1:2:2:2:2. Diese Version benötigt nur 2
unterschiedliche Widerstandswerte je Dekade.
Dezimal - Dekaden: eine Reihenschaltung von 9 im Wert gleichen Widerständen. Der Schaltkontakt
ist so angeordnet, daß nur die benötigten Werte aus der Reihenschaltung ausgewählt werden.
Im Bild links sind zwei verschiedenen Typen des Herstellers SHERRY abgebildet. Links der "Typ 1-2-2-2-2" und rechts der
"Typ dezimal". Gut zu erkennen sind völlig unterschiedliche Schaltbahnen und die jeweilige Anzahl und Lage der Widerstände.
Bei der Identifizierung der Codierung des Schaltsystems hilft Ihnen eventuell eine Codetabelle mit den gebräuchlichsten
Codes etwas. Bevor der Lötkolben angeheizt wird sollten die vorhandenen Dekaden nach Typ und Widerstandswert untersucht werden.
Bei gleichen mechanischen Abmessungen lassen sie sich problemlos miteinander kombinieren. Ein Ohmmeter hilft Ihnen dabei.
Wenn Sie Glück haben sind schon einige Dekaden im Originalzustand verwendbar (mindestens eine sollte es schon sein).
Anderenfalls muß umbestückt werden.
Das Prinzip sollte nun klar sein und die benötigten Widerstände können
bestellt werden. Metallschicht oder Kohleschicht - das ist für unsere Dekade völlig egal, schließlich bauen wir kein
Präzisionsinstrument. Ich fand Widerstände 1 % in der Bauform 0207 als Duchstecker-Typ gut geeignet.
Größere Typen machen keinen Sinn, die
vergoldeten Schaltbahnen sind ohnehin nur für das Schalten weniger mA dimensioniert.
Hier liegt auch eine Schwachstelle solcher Dekaden. Angenommen Sie haben (ordnungsliebend wie Sie sind), nach der letzten
Verwendung die Dekade auf 0,000,000 gestellt und schließen diese nun aus Versehen an das auf 12 V / 10 A eingestellte
Stromversorgungsgerät an, dann ... ja, was riecht denn da?
Deshalb stellen Sie die Dekade nach getaner Arbeit immer auf
9,999,999.
Zum Gehäuse und zu den Anschlußbuchsen gibt es nicht viel zu sagen. Den Ausschnitt in der Alu-Frontplatte habe ich
mit der Laubsäge hergestellt. Ein Metallgehäuse schützt die Dekade zuverlässig vor mechanischen Beanspruchungen und trägt
durch sein hohes Eigengewicht zum bequemen Betätigen der Up- und Down-Tasten der Schalter bei. Ein Gehäuse aus Kunststoff
hat den Nachteil, daß die Dekade zu leicht wird und beim Betätigen der Tasten auf dem Tisch verrutscht. Selbstklebende
Gummifüßchen an der Unterseite angebracht sind auch ein bewährtes Anti-Rutsch-Mittel.
Ein Rohling vom Flohmarkt |
Dekade in der Frontplatte verdrahtet |
Dekade 12222 Verdrahtungsplan |
Dekade dezimal Verdrahtungsplan |
Dekade BCD Verdrahtungsplan |
Auf Grund erfolgter Nachfragen und bestehender Unklarheiten möchte ich noch einige Hinweise geben:
Es besteht ein Unterschied zwischen Widerstandsdekaden der hier beschriebenen Bauform und modernen Codierschaltern.
Obwohl beide von der Frontansicht identisch sind und auch ähnlichen mechanischen Aufbau haben, werden die Anschlüsse
unterschiedlich gehandhabt. Sehen Sie sich nochmals das Schaltbild der weiter oben beschriebenen BCD-Dekade an.
Sie besitzt zwei klar definierte Anschlüsse für Ein- und Ausgang.
Bei einem BCD-Codierschalter finden wir hingegen fünf Anschlüsse. Das sind
die Anschlüsse für die Wertigkeiten 1, 2, 4 und 8 sowie der Anschluß mit der Bezeichnung "C". "C" steht hier für "Common",
was so viel wie "gemeinsamer Anschluß" bedeutet. Hintergrund ist der, daß in modernen Anwendungen für die
digitale Eingabe von Werten Eingänge von Halbleiterbauelementen genutzt werden. Dort werden Daten meist parallel über
Ports eingelesen und der Anschluß "Common" liegt auf einem definierten Potential. Das macht in einer Halbleiterschaltung
natürlich Sinn, für unsere einfache Widerstandsdekade sind solche Schalter aber nicht verwendbar.
Vorsichtig sollte man auch sein, wenn man beabsichtigt, diese Widerstandsdekaden in Schaltungen bei höheren Frequenzen
zu verwenden. Unter "höhere Frequenzen" verstehe ich alles oberhalb 10 kHz. Die langen Anschlußleitungen und der nicht
hochfrequenzgerechte Aufbau der Widerstandsdekaden lassen sie nur für den Gebrauch bei niedrigen Frequenzen geeignet
erscheinen.
Wer sich für den Neukauf von 1-2-2-2-2 Widerstandsdekaden interessiert findet bei der Firma C&K unter dem Suchwort
"3 Series Thumbwheel Switches" und "Function Code 14, Resistor" geeignete Kandidaten. Eine für mich interessante
Bestellnummer bei C&K oder einem deutschen Distributor wäre die 3-7-14-00-0-0-0.
Die C&K Rohlinge müssen vom Anwender noch mit den passenden Widerständen bestückt werden.
Eine weitere attraktive Möglichkeit von C&K wäre die SF/SR Serie.
Verschiedentlich wurde ich auf den Widerspruch zwischen der in den Fenstern der Schalter angezeigten Genauigkeit und dem
an den Anschlußklemmen der Box wirklich vorhandenen Widerstand angesprochen. Ein Widerstand von 1 M Ohm und 1 % kann
zwischen 1,010000 M Ohm und 0,990000 M Ohm groß sein, das sind +/- 10 k Ohm. Da macht es wenig Sinn, an den Schaltern für
den unteren Ohm-Bereich herumzuspielen und sich eine phantastische absolute Genauigkeit anzeigen zu lassen.