Spannungsversorgungen für die kleinen Russenröhren


Anodenbatterien

  Die Variante mit der Anodenbatterie


Diese Art der Bereitstellung von Anodenspannung und Heizspannung für Elektronenröhren kannten schon unsere Vorfahren.
Die Fortschritte in der Batterietechnik machen es heute sehr einfach, höhere Spannungen bei geringem Innenwiderstand zu erreichen. Der graue Klotz im Bild rechts besteht aus 8 in Reihe geschalteten 9 V Alkali-Batterien und kommt auf immerhin 72 V Ausgangsspannung - ein für die meisten Projekte mit Batterieröhren ausreichender Wert.
Die Luxusvariante (im Bild links als Rohling zu sehen) besteht aus insgesamt 80 Stück in Reihe geschalteter NiMH-Akkus 1,2 V / 250 mAh und hat im geladenen Zustand eine Ausgangsspannung von mindestens 96 V. Der Block entstand wie folgt:
Man nehme eine genügende Anzahl billigster NiMH-Akkus vom nächsten Elektronik-Flohmarkt mit. Ein passend zurecht geschnittenes Stück stabilen Kartons wird an der Oberseite und an der Unterseite mit doppelseitigem Teppichklebeband versehen. Auf dieses Klebeband werden die einzelnen Akkus gedrückt. Das hält für die weiteren Arbeiten ausreichend fest. Nun können die Brücken verschaltet und die Anschlußkabel (besser: Buchsen) angebracht werden. Zum Schluß wird das Ganze noch mit einigen Lagen sich gegenseitig überlappendes "Panzerband" umhüllt. Fertig! Über ein System zum Batteriemanagement braucht man sich hier aus Kostengründen wohl keine Gedanken zu machen.
Auch die Heizspannungserzeugung aus Akkumulatoren für die Russenröhren ist sehr einfach. Nachdem Nickel-Cadmium-Akkumulatoren wegen der umweltschädigenden Wirkung des Cadmiums in Europa verboten wurden, haben die Nickel-Metallhydrid-Akkus deren Nachfolge angetreten. Beide Systeme haben eine Zellenspannung von 1,2 V.
Bei der Planung von Bastelprojekten mit Batterieröhren gehe ich immer von einer ununterbrochenen Betriebsdauer von etwa 10 Stunden für das fertige Projekt aus. Geräte mit 200 mA Heizstrombedarf bekommen einen Heizakku mit 2000 mAh spendiert, Geräte mit 10 mA Anodenstrom erhalten eine Anodenbatterie mit mindestens 100 mAh.
Die Versorgung von Schaltungen mit Batterieröhren aus Akkus und Batterien hat den entscheidenden Vorteil, keinerlei Störstrahlung in das fertige Bastelobjekt einzukoppeln.


Zerhackerpatrone

  Die Variante mit der Zerhackerpatrone


Erinnern Sie sich noch an den "Wagnerschen Hammer" aus Ihrem Physikunterricht oder an Ihre alte Wohnungsklingel, bei der ein elektromagnetisch betätigter Klöppel gewaltig auf eine metallene Glocke schlug?
Eine Zerhackerpatrone arbeitet nach dem gleichen Prinzip.

Wie der Name schon sagt, zerhackt sie eine Gleichspannung und macht aus ihr eine pulsierende Gleichspannung. Diese wird auf einen Transformator gegeben. Am Ausgang des Transformators kann je nach Übersetzungsverhältnis der Wicklungen eine höhere pulsierende Wechsel(!)spannung abgenommen werden. Das Geniale am mechanischen Zerhacker ist nun, daß mit einem weiteren Kontakt des Zerhackers die Ausgangsspannung wieder in eine pulsierende Gleichspannung gewandelt werden kann. Da das mit der gleichen Frequenz erfolgt, mit der der Zerhacker schwingt und seine Eingangsspannung zerhackt, nennt man diesen Vorgang Synchrongleichrichtung.

BC-4,8 Typenschild
Zerhacker
Typenschild
BC-4,8 Einstellschraube
Zerhacker
Einstellschraube
BC-4,8 Kontakte
Zerhacker
Kontakte
Klöppel1
Klöppel
Ruhestellung
Klöppel2
Klöppel
schwingend

Aber der mechanische Zerhacker hat auch Nachteile gegenüber anderen Methoden zur Bereitstellung höherer Spannungen:
Da ist zunächst die nicht unerhebliche Störabstrahlung zu nennen. Trotz seines metallischen Gehäuses und aufwändiger Verdrosselungen seiner Zu- und Ableitungen erzeugt er ein großes Störspektrum. Dieses äußert sich in einem breitbandigen Rauschen und beeinflußt die Empfindlichkeit eines Empfängers negativ.
Auch die Lebensdauer des mechanischen Zerhackers ist begrenzt. Russische Datenblätter geben nur etwa 500 Stunden an.

Aus diesem Grund habe ich mich mit der praktischen Erprobung der Hochspannungserzeugung mittels Zerhacker nicht weiter beschäftigt.

Wer sich für mechanische Zerhacker interessiert findet im Museum elektronischer Raritäten weitere Informationen in russischer Sprache.
Von Sergej Komarov stammt ein Schaltbild , einen mechanischer Zerhacker durch Halbleiterbauelemente zu ersetzen. Seine Schaltung ist speziell für die Versorgung der kleinen Russenröhren dimensioniert und stellt auch eine negative Gittervorspannung bereit.


Aufbau DCDC Prototyp

  Die Variante mit den DC/DC-Wandlern


Die Verwendung von handelsüblichen DC/DC-Wandlern stellt einen bequemen Weg dar, mit gutem Wirkungsgrad aus einer gegebenen Eingangs-Gleichspannung eine andere Ausgangs-Gleichspannung zu erzeugen. Sind Eingangs- und Ausgangsseite galvanisch getrennt, dann lassen sich die Ausgangsspannungen mehrerer DC/DC-Wandler in Reihe schalten. Mit einiger Mühe lassen sich DC/DC-Wandler finden, die gleich zwei mal 24 V isoliert von der Eingangsspannung als Ausgangsspannung bereitstellen. Zwei solcher DC/DC-Wandler ermöglichen dann 96 V Anodenspannung. Diese Spannung erschien mir für meine Experimente mit den russischen Batterieröhren als eine brauchbare Größe.

Für die Verwendung in einem portablen QRP-Transceiver sollte die Eingangsspannung der DC/DC-Wandler aus einem 6 V-Akkumulator erfolgen, für den kurzzeitigen Einsatz auch aus 4 Monozellen. Es wurden DC/DC-Wandler gewählt, die mit 5 V +/- 10% Eingangsspannung auskommen. Der Ausgangsstrom sollte etwa 20 mA betragen, deshalb wurden 2 Stück 1 W-Wandler benutzt, denn 100 V * 0,02 A ist etwa 2 W.

Achtung! Diese DC/DC-Wandler haben keinen Verpolschutz am Eingang und sterben sofort bei falscher Polung!
Eine zusätzliche 1 A-Schottkydiode als Verpolschutz am Eingang schützt die DC/DC-Wandler vor Falschpolung und senkt die Ausgangsspannung nur wenig.

Schaltbild DCDC Die erzielten Ergebnisse sind sehr gut. Mit geringem Aufwand und ohne die Notwendigkeit, einen speziellen Transformator selbst anfertigen zu müssen, wird eine relativ stabile Anodenspannung erzeugt. Die Abhängigkeit der Anodenspannung von der zur Verfügung stehenden Eingangsspannung ist jedoch beträchtlich.

Bei 6 V Eingangsspannung werden die DC/DC-Wandler 0,5 V oberhalb des zulässigen Eingangsspannungsbereiches betrieben. Einen 24 h-Langzeittest mit Nennlast haben sie dennoch gut überstanden. Bei 6 V Eingangsspannung und 116 V Ausgangsspannung bei 20 mA Laststrom fließen am Eingang der Schaltung 490 mA.
Der Wirkungsgrad unter Last ist mit 116 V * 0,02 A / 6 V * 0,49 A = 79 % ganz hervorragend.

Die DC/DC-Wandler arbeiten in einem Frequenzbereich um 130 kHz. In einem geeigneten Empfänger läßt sich dort sehr schön die erzeugte Rauschglocke nachweisen. Um die DC/DC-Wandler für die Verwendung in einem Kurzwellen-Empfänger brauchbar zu machen, ist die Verwendung von Elektrolytkondensatoren mit geringem ESR notwendig. Uralte Elkos aus der Bastelkiste haben diese Eigenschaften gewöhnlich nicht.

Versuchen Sie nicht, eine der Drosseln L1 oder L2 einzusparen und die DC/DC-Wandler an ihren Eingängen direkt parallel zu schalten. Durch die etwas voneinander abweichenden Arbeitsfrequenzen der frei schwingenden DC/DC-Wandler entstehen die schönsten Mischprodukte, die die Verwendung der Anodenspannungsversorgung in einem empfindlichen Kurzwellenempfänger illusorisch machen.


Aufbau Netz

  Die klassische Netzteil-Variante


Diese Version versucht, aus einem handelsüblichen Print-Transformator die Anodenspannung für die russischen Batterieröhren zu erzeugen. Mir stand ein solcher 3 W-Transformator mit 2x 21 V Ausgangsspannung bei 70 mA Ausgangsstrom zur Verfügung. Damit sollten Anodenspannungen von mindestens 40 V machbar sein. Zu wenig, wenn man damit einen kräftigen Sender bauen will, aber für einen Empfänger mag es ausreichen.
Die unstabilisierte Ausgangsspannung schwankt zwischen 60 V und 70 V, wenn sich der Laststrom von 20 mA auf 0 mA ändert. Das ist doch recht erheblich und deshalb wurde eine Spannungsstabilisierung für 50 V nachgeschaltet. Aus dieser sollten die Oszillatoren eines Empfängers gespeist werden. Der BC546 tut sein Werk so lange gut, bis ein Kurzschluß der stabilisierten 50 V Ausgangsspannung auftritt. Das nimmt er dann übel und verabschiedet sich in den Transistorhimmel. Für die Erzeugung einer negativen Gittervorspannung für eine Röhre 1P24B ist auch noch eine entsprechende Schaltung vorhanden. Diese nutzt die gleiche Wicklung, die auch die Anodenspannung liefert.

Schaltbild Netzteil Zusätzlich wurde in diesem Netzteil auch eine Schaltung zur Erzeugung der von den Russenröhren benötigten 1,2 V Gleichspannung für die Heizung aufgebaut. Diese Schaltung ist an Einfachheit nicht mehr zu überbieten und erfüllt ihren Zweck. Ausgenutzt wird hier die Tatsache, daß die interne Referenz eines Spannungsreglers LM317 mit 1,25 V recht genau eingehalten wird. Wenn man nun auf den gewohnten Spannungsteiler für das Einstellen der Ausgangsspannung am Ausgang des LM317 verzichtet und den ADJ-Eingang direkt auf Masse legt, liegen diese 1,25 V mit bis zu 1 A Belastbarkeit am Ausgang des Spannungsreglers an, genau passend für Schaltungen mit den kleinen Russenröhren. Ein kleiner Kühlkörper für den LM317 verhindert dessen übermäßige Erwärmung bei der Entnahme größerer Heizströme.



Um die Anodenspannung auf einen höheren Wert zu bringen wurde mit einer Spannungsverdopplerschaltung nach Villard experimentiert. Eine höhere Anodenspannung wurde zwar erreicht, jedoch ist diese Spannung sehr stark vom Ausgangsstrom abhängig.

Schaltbild Netzteil In meinem Prototypen verwendete ich für C8 einen ungepolten Elektrolytkondensator. Von Peter, DL6DSA, wurde ich darauf aufmerksam gemacht, daß sich für den Kondensator C8 auch gepolte Typen mit ausreichender Spannungsfestigkeit eignen. Ein solcher Kondensator wird mit seinem Minus-Anschluß in Richtung zum Trafo angeschlossen.
Da die Sekundärwicklung des Transformators Tr1 in dieser Version einpolig an Masse liegt kann die Schaltung zur Erzeugung der negativen Gittervorspannung vereinfacht werden und besteht nur noch aus einem gewöhnlichen Einweg-Gleichrichter.

Der Transistor T1 muß eine Ausführung mit hoher zulässiger Kollektor-Emitter-Spannung sein. Ich hatte zufällig einen MPSA42 mit 300 V zur Verfügung.

Bitte beachten Sie bei eventuellem Nachbau dieser Schaltungen die gesetzlichen Bestimmungen für den Umgang mit der 230 V-Netzspannung.