Der Sender von Sputnik1 - ein Nachbau


Sputnik-1 TX Nachbau

  Wodka, Speck, Zwiebel und einige russische Bauteile


Am 04. Oktober jährt sich der Start des ersten künstlichen Erdsatelliten durch die Sowjetunion.
Um dieses Ereignis als Elektronikbastler und Funkamateur würdig zu begehen, liegt es nahe, sich mit der damals verwendeten Sendetechnik zu beschäftigen. Leider sind genauere Informationen darüber recht spärlich zu finden oder gingen im übermächtigen Propagandarummel, der von den Russen und ihren Verbündeten gemacht wurde, völlig unter. Die damaligen Entwickler und Konstrukteure dürften heute um die 100 Jahre alt sein und sind nun schwerlich nach Einzelheiten zu befragen.

AA1TJ hat sich in [1] viel Mühe gemacht, Informationen zum Sender von Sputnik-1 zusammenzutragen. Von ihm wird auf seinem Internet-Blog ein Schaltbild des Senders von Sputnik-1 nachempfunden.

Wenn man sich die wenigen verfügbaren Schaltungsunterlagen batteriegespeister russischer Funkgeräte aus den 50er Jahren einmal genauer ansieht, dann fällt auf:


russische Bauteile

  Bauteile


Eine tief angesetzte Schürfung in meinen Bastelkisten brachte einige (aber leider nicht alle) benötigten russische Bauteile ans Tageslicht:

- Kondensatoren aus russischer Produktion der 70er Jahre
- russische Widerstände von DDR-Schrottplätzen
- russische Röhren 1P24B und 1SH24B vom Händler Pollin
- ein original russischer Schwingquarz HC-49 mit 21060 kHz, der heutigen 15m-QRP-Frequenz
- Widerstände, Kondensatoren, Spulenkörper und Schalter der russischen Panzerfunkstation 10-RT

Es entstand mein Schaltplan des Sputnik-1 Senders. Er wurde an die bei mir vorrätigen russischen Bauelemente angepaßt.
Einen groben Stilbruch stellt natürlich der Aufbau des Senders auf einer geätzten Leiterplatte dar. Die in [2] präsentierten Fotos lassen darauf schließen, daß der original Sputnik-1 TX mit Verdrahtung in Lötösentechnik aufgebaut wurde.
Russische Lötstellen in alten Armee-Funkgeräten erkennt man in der Regel daran, daß auf ihnen eine kleine (oder manchmal auch größere) Markierung in Form eines roten oder violetten Farbpunktes aufgebracht wurde. So konnten in der Taiga oder tief in Feindesland vorgenommene unqualifizierte Reparaturversuche später durch die "autorisierte Fachwerkstatt" schnell erkannt werden. Heutiger Glühlampen-Tauchlack in rot oder violett entspricht etwa dem russischen Lack von damals.

Die Frontplatte und die Rückwand meines Nachbaus wurden mit Aufklebern versehen. Doppelseitiges Klebeband aus dem Baumarkt hält diese gut fest.

Die Glaskolben der Röhren im Sputnik-1 TX wurden ganz sicher durch Einbau in einem passenden Metallrohr mechanisch geschützt. Man war sich der starken Vibrationen beim Start der Trägerrakete R-7 (Semjorka) durchaus bewußt. Vorhergehende Fehlstarts haben das den russischen Konstrukteuren klar gemacht. Bei dem gemütlichen Dasein des Sputnik-1 Sender-Nachbaus auf meinem Funkertisch brauche ich mich um diese Probleme nicht zu kümmern. Mein Nachbau entstand mit minimalem mechanischen Aufwand und besitzt nicht einmal ein geschlossenes Metallgehäuse zur Abschirmung. Halten Sie also Kinder und sonstiges nicht eingewiesenes Personal fern von diesem Laboraufbau. Der Sender besteht nur aus der bestückten Leiterplatte mit der Abmessung von 100 mm x 90 mm und je einem Aluminiumwinkel L 40 x 10 x 2 mit 100 mm Länge als Frontplatte bzw. Rückwand.

Schaltbild Sputnik1 TX Clone
Schaltbild
Sputnik1 TX Clone Layout
Layout und Bestückung
Sputnik1 TX Clone Aufbau
Aufbau
Sputnik1 TX Clone Koppelspule
Auskoppelspule

Sputnik1 TX Clone FP Bearbeitung
Frontplatte
Zeichnung
Sputnik1 TX Clone FP Folie
Frontplatte
Aufkleber
Sputnik1 TX Clone RW Bearbeitung
Rückwand
Zeichnung
Sputnik1 TX Clone RW Folie
Rückwand
Aufkleber


Zur zulässigen Toleranz der Heizspannung schreibt Sergej Komarov in [6]:
"Bei 1,2V Heizspannung ist die Lebensdauer der Röhre 5000h und bei 1,35V nur noch 2h!"
Es verbietet sich daher, beim Laden des Akkus für die Heizspannung, die Röhren am Akku zu belassen. Ein NiCd- oder NiMh-Akku zweifelhafter Qualität kann durchaus beim Laden und kurz danach auf über 1,5 V kommen - das wäre dann der sichere und schnelle Tod für die kleinen Russenröhren.

Weil die Erzeugung der Schirmgitterspannungen der Oszillatorröhre 1SH24B und der Endröhre 1P24B nicht über Widerstände als Spannungsteiler, sondern nur über einfache Vorwiderstände erfolgt, ist es möglich, den Schalter für die Anodenspannung einzusparen. Das Einschalten des Senders erfolgt nur über das Zuschalten der Heizspannung. Bei ausgeschalteter Röhrenheizung fließt kein Strom aus der Anodenbatterie.
Wenn Sie die Höhe der Anodenspannung von Röhre 1, der 1SH24B, direkt messen wollen, dann funktioniert das mit einem EUR 5,- Meßgerät aus dem Baumarkt vermutlich nicht, da die Belastung des schwingenden Oszillators durch das Meßgerät zu Meßfehlern oder gar zum Aussetzen des Oszillators führt. Hier sollte ein Meßgerät mit möglichst hochohmigem Eingang benutzt werden, dessen Eingang über einen (z.B.) 47 k Ohm Reihenwiderstand noch zusätzlich entkoppelt wird. Der durch den Vorwiderstand entstehende Meßfehler von etwa 0,5V kann durch Vergleich des erhaltenen Meßwertes mit einer variablen Gleichspannung berücksichtigt werden.

Die Antennen von Sputnik-1 waren symmetrische Winkeldipole für 20 MHz und 40 MHz. Ich vermute, daß alle vier Antennenleiter isoliert am kugelförmigen Gehäuse des Satelliten angebracht wurden. Die Auskopplung der Sendeleistung eines Senders könnte somit auf einfachste Weise mit einer simplen Koppelspule auf der Spule des Anodenkreises der PA geschehen. Diese Koppelspule mußte nicht einmal elektrisch leitend mit dem Gehäuse von Sputnik-1 verbunden werden. Es reichte aus, die zwei Enden der Koppelspule mit den Dipolhälften auf kürzestem Wege zu verbinden. Davon abweichend habe ich in meinem Sputnik-1 Clone den HF-Ausgang einseitig auf Masse gelegt, um einen unproblematischen Anschluß von Antennen über ein 50 Ohm Koaxialkabel zu ermöglichen.

Mein russischer Schwingquarz hatte mit C1 gleich 180pF seine Sollfrequenz erreicht. Die im August 2011 vom FUNKAMATEUR Leserservice [11] angebotenen Quarze 21.060,0 kHz verhalten sich ähnlich. Veränderung von C1 ändert nicht nur die Schwingfrequenz sondern auch die Ausgangsspannung des Oszillators und damit die Ausgangsleistung des Senders. Mit der beschriebenen Bauteile-Dimensionierung und mit den eingezeichneten Betriebsspannungen beträgt die gemessene Ausgangsleistung an einem 50 Ohm Lastwiderstand 650 Milliwatt.

Die Spule L1a ist auf einen auf 40 mm Länge gekürzten Spulenkörper aus einem Bandfilter der russischen Panzerfunkstation 10-RT gewickelt. Der Durchmesser des Wickelkörpers ist 20 mm und die Wicklungslänge ist 25 mm. Es sind auf diese Länge 12,5 Windungen aus 0,4 mm Kupferlackdraht gewickelt. Die Induktivität habe ich weder berechnet noch gemessen. Die 12,5 Windungen ergaben sich einfach aus dem Wunsch, bei Mittelstellung des Trimmers C6 Resonanz auf 21,060 MHz zu haben. Die günstigste Lage der Auskoppelwindung L1b ist für maximale Ausgangsleistung etwas schwierig einzustellen und muß ausprobiert werden. Aus mechanischen Gründen empfiehlt es sich, die Auskoppelwindung mit isoliertem Schaltdraht von mindestens 0,8 mm Durchmesser auszuführen.

Noch ein Wort zur Einhaltung von gesetzlichen Grenzwerten:
Entsprechende GOST-Normen gab es damals noch nicht. Die Konstrukteure der Sender von Sputnik-1 waren sicher froh, wenn möglichst viel HF-Leistung auf der Sollfrequenz der Sender abgestrahlt wurde. Möglicherweise haben Sie auch eine Optimierung nach der Formel Wirkungsgrad = Ausgangsleistung / Eingangsleistung vorgenommen um eine möglichst lange Betriebsdauer der Sender bei gegebener Batteriekapazität zu erreichen.
Um die heute geltenden Vorschriften einzuhalten ist der Betrieb des Senders an einem externen Antennenanpaßgerät mit Tiefpaßverhalten erforderlich.

Links und Quellenangaben:
[1] Michael J. Rainey, Blogspot, Sputnik QSO Party Transmitter Prototype
[2] Forum der DL-QRP-AG
[3] Datenblatt 1SH24B / 1J24B, russisch, mit Anschlußbild
[4] Datenblatt 1P24B, russisch, mit Anschlußbild
[5] russisches Forum über Batterieröhren, hier besonders die Beiträge von Sergej Komarov
[6] Homepage von Sergej Komarov, enthält u.a. ein "Handbuch zur Anwendung von Stiftröhren"
[7] 250mW QRP-Sender mit der 1SH29B für das 40m-Band
[8] 1W QRP-Sender mit der 1P24B für das 40m-Band
[9] Erzeugung von Heiz- und Anodenspannung für Batterieröhren-Projekte
[10] Sputnik-1 Originalton
[11] QRP-Quarz von Box73 Amateurfunkservice GmbH
[12] Layout der Leiterplatte für SPRINT-Layout50

Bedanken möchte ich mich bei allen Bastlern und Funkamateuren, die mich bei der Suche nach fehlenden russischen Bauelementen in ihren geheimsten Schachteln haben wühlen lassen und mich durch Materialspenden unterstützten, sowie meinem alten Russischlehrer, der es verstand, in mir das Interesse an der russischen Sprache zu wecken.

Cubical Quad Antenne Nachtrag vom 04.10.2011:
Heute nun war es endlich soweit.
Der Sender wurde an einer Cubical Quad Antenne betrieben. Als Empfänger benutzte ich einen IC-756H an einem Dipol. Nach etwa 5 Stunden mehr oder weniger intensivem CQ-Rufens mit 650 mW auf 21.060 MHz standen stolze 6 QSO im Logbuch: R7CO, RN4AO, W1PID, UA4FCO, UA1OKO und GM3MXN.

Vielen Dank liebe OP's für eure Mühe, mein schwaches Signal zu empfangen.
Bisher hatten sich meine QRP-Versuche auf die Möglichkeiten mit einem FT-817 beschränkt. Ich war bisher sehr froh, mit den 5 W des FT-817 mehr als 3000 km (DX) zu überbrücken. Das QSO mit W1PID hatte ich mit 650 mW Output aus dem oben beschriebenen Sputnik-Clone-TX mit 1SH24B und 1P24B. Niemals vorher hätte ich geglaubt, daß mit so einer geringen Sender-Ausgangsleistung eine Verbindung über den Atlantik möglich wäre. Danke Jim, für Deine Geduld mit meinem schwachen Signal. Aber Du sendetest im QSO etwas von Deinem 3 Element Beam, das war sicher der Schlüssel zum Erfolg.
Bemerkenswert finde ich auch, wie schnell sich die Idee von Michael, AA1TJ, Sputnik-Tage zu veranstalten, durchgesetzt hat und wie viele aktive Teilnehmer sich in kürzester Zeit dazu eingefunden haben.
Es hat mir viel Spaß gemacht und im nächsten Jahr bin ich wieder mit dabei!

1P24B Pins Nachtrag vom 11.03.2013:
Wegen Unklarheiten zu den Anschlüssen der 1P24B im Datenblatt hier noch einmal eine Skizze.
Der Anodenanschluß ist der einzelne Draht am anderen Ende der Röhre.